2015

D e z e m b e r  2 0 1 5

Fröhliche Weihnacht überall

“Fröhliche Weihnacht überall!”
tönet durch die Lüfte froher Schall.
Weihnachtston, Weihnachtsbaum,
Weihnachtsduft in jedem Raum!
“Fröhliche Weihnacht überall!”
tönet durch die Lüfte froher Schall.
Darum alle
stimmet in den Jubelton,
denn es kommt das Licht der Welt
von des Vaters Thron.

“Fröhliche Weihnacht überall!”
tönet durch die Lüfte froher Schall.
Weihnachtston, Weihnachtsbaum,
Weihnachtsduft in jedem Raum!
“Fröhliche Weihnacht überall!”
tönet durch die Lüfte froher Schall.
Licht auf dunklem Wege,
unser Licht bist du;
denn du führst, die dir vertrau’n,
ein zu sel’ger Ruh’.

“Fröhliche Weihnacht überall!”
tönet durch die Lüfte froher Schall.
Weihnachtston, Weihnachtsbaum,
Weihnachtsduft in jedem Raum!
“Fröhliche Weihnacht überall!”
tönet durch die Lüfte froher Schall.
Was wir ander’n taten,
sei getan für dich,
daß bekennen jeder muß,
Christkind kam für mich.

*

“Fröhliche Weihnacht überall”, ein Weihnachtslied zum Mitsingen. Der Text wird August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) zugeschrieben.

N o v e m b e r  2 0 1 5

Kein schöner Land in dieser Zeit
als hier das uns´re weit und breit
wo wir uns finden
wohl unter Linden/
zur Abendzeit.

Da haben wir so manche Stund´
gesessen da in froher Rund
Und taten singen
die Lieder klingen
im Eichengrund.

Daß wir uns hier in diesem Tal
noch treffen so viel hundertmal
Gott mag es schenken
Gott mag es lenken
er hat die Gnad.

Nun Brüder eine gute Nacht
der Herr im hohen Himmel wacht
in seiner Güte
uns zu behüten
ist Er bedacht.

Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio

*

Anton Wilhelm Florentin von Zuccalmaglio (1803 bis 1869) war ein deutscher Heimatschriftsteller und Volksliedforscher, Dichtermusiker und Komponist.

O k t o b e r  2 0 1 5

Immer weiter

Ach, was sind wir dumme Leute –
wir genießen nie das Heute.
Unser ganzes Menschenleben,
ist ein Hasten, ist ein Streben,
ist ein Bangen, ist ein Sorgen.
Heute denkt man schon an morgen,
morgen an die spät’re Zeit –
und kein Mensch genießt das Heut’.
Auf des Lebens Stufenleiter
eilt man weiter, immer weiter.

Nutz den Frühling deines Lebens,
leb im Sommer nicht vergebens
denn gar bald stehest du im Herbste
bis der Winter naht, dann sterbste.
Und die Welt geht trotzdem heiter
immer weiter, immer weiter.

Otto Reutter

*

Otto Reutter (1870-1931) war ein deutscher Sänger, Verfasser von Liedern und Komiker.

Die Vertonung dieses Couplets findet sich hier (Youtube).

S e p t e m b e r  2 0 1 5

Warum soll er nicht mit ihr

Miezens Mutter hat wat gegen Miezens Freund,
Wie mir scheint.
Alles, was die beiden wollen, Sie nicht sollen
Wegen der Ollen.
Na, det is doch unerhört,
Weil det doch die Freundschaft stört.
Dabei woll’n se, ach Herrjeses,
Jar nischt Böses!
Was die andern alle können,
Will die Olle ihn’n nich gönnen,
Na, det is doch fürchterlich,
Oder nich?

Warum soll er nich mit ihr vor de Türe stehn?
Warum soll er nich mit ihr mal konditern gehn?
Warum soll er nich mit ihr,
Weh’n die Frühlingslüfte zart,
Machen mal uff de Spree eene Mondscheinfahrt?
Warum soll er nich mit ihr mal’n Witz riskier’n,
Warum soll er nich mit ihr mal de Liebe spür’n?
Warum soll er nich mit ihr –
Warum soll er nich mit ihr?
Tja, ick weeß et nich, die Mutter, die is nich dafür.

Neulich abends wurd’ et Mieze doch zu toll.
Siehste woll!
Uff die Socken sie sich machte,
Still und sachte,
Eh’ es Mutter dachte.
Und sie pfiff vor Orjens Tür.
Wie der Blitz war er bei ihr.
Und der Mondschein schien so blanke!
Na, ick danke!
Orje is ‘n ganzer Kesser,
Und die Mieze is nich besser,
Doch passiert is nischt und so,
Ach, i wo!

Warum soll er nich mit ihr ….
Tja, ick weeß et nich, die Mutter, die is nich dafür.

Jedes Mädchen braucht doch schließlich was fürs Herz.
Ohne Scherz!
Und die Mütter denken immer Ville schlimmer!
Hab’n keen’n Schimmer!
Wie sie selber früher war’n,
Werden wir ja nie erfahr’n.
Nonnen waren sie gewiß nich!
Nee, det is nich!
Hätten sie keen’ Mann gefunden,
Wär’ die Welt schon längst verschwunden,
und die Liebe, ach herrje,
Wär passé!

Warum soll er nich mit ihr ….
Tja, die Mutter, die war früher auch mal sehr dafür!

Walter Mendelssohn, gesungen von Claire Waldoff

*

Claire Waldoff (1884-1957) war eine deutsche Interpretin der Kleinkunst in verschiedenen Genres. Besonders erfolgreich wurde sie mit Darbietungen von Chansons, gesungen im Berliner Dialekt. Sie galt als die „Berolina des Chancons“.

Die Vertonung des Gedichtes, ebenfalls von Walter Mendelssohn, findet sich hier (Youtube).

A u g u s t  2 0 1 5

An die Rose

Ich liebe dich o Rose!
Du Königin der Blumen,
Und mag dich gerne pflücken;
Doch, pflückt’ ich dich vom Stamme,
So stächen mich die Dornen;
Darum pflück’ ich dich lieber
Vom Busen schöner Mädchen,
Da stechen keine Dornen!

Johann Joachim Ewald

*

Johann Joachim Ewald (1727-1762) deutscher Dichter aus Spandau und Beamter am Hof von Hessen-Darmstadt. Nach ihm wurde eine Straße in Berlin-Spandau benannt.

J u l i  2 0 1 5

Am Meerufer

Und Welle kommt und Welle flieht,
Und der Wind stürzt sein Lied,
Schaumwasser spielt an deine Schuhe
Knie nieder, Wandrer, ruhe.

Es wälzt das Meer zur Sonne hin,
Und aller Himmel blüht darin.
Mit welcher Welle willst du treiben?
Es wird nicht immer Mittag bleiben.

Es braust ein Meer zur Ewigkeit,
In Glanz und Macht und Schweigezeit,
Und niemand weiß wie weit –
Und einmal kommst du dort zur Ruh,
Lebenswandrer, Du.

Gerrit Engelke

*

Gerrit Engelke (1890-1918) war ein deutscher Arbeiterdichter.

J u n i  2 0 1 5

Was die Erde trägt

Viel trägt die Erde! Himalaya’s Kette,
Wie mag sie drücken auf des Weltbau’s Bogen!
Gewichtig sind auch aller Flüsse Wogen
Und schwer der Ocean in seinem Bette!

Viel trägt die Erde! Mauern weiter Städte
Und Riesenwälle, die der Mensch gezogen,
Die Erzlast, die er dem Gestein entsogen –
Wo ist der Stern, der mehr zu tragen hätte?

Viel trägt die Erde; doch das ist ein Wunder,
Daß ihre Säulen nicht in Trümmer schlagen
Mit ihrer Menschheit grauenhaftem Plunder.

Doch den beherbergt sie seit grauen Tagen; –
Bei Gott – ihr Bau ist doch ein kerngesunder:
Die Thorheit ihrer Kinder kann sie tragen!

Max Haushofer 

*

Max Haushofer (1840-1907) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und Ökonom.

M a i  2 0 1 5

Humanistisches Frühlingslied

Amsel, Drossel, Star und Fink
singen Lieder vom Frühlink,
machen recht viel Federlesens
von der Gegenwart, dem Präsens.

Krokus, Maiglöckchen und Kressen
haben längst den Schnee vergessen,
auch das winzigste Insekt
denkt nicht mehr ans Imperfekt.

Hase, Hering, Frosch und Lachs,
Elke, Inge, Fritz und Max
alles, alles freut sich nur
an dem Jetzt. Und auf’s Futur.

Heinz Erhardt

*

Heinz Erhardt (1909 – 1979) war ein deutsch-baltischer Komiker, Musiker, Komponist, Unterhaltungskünstler, Schauspieler und Dichter.

A p r i l  2 0 1 5

April! April!
Der weiß nicht, was er will.
Bald lacht der Himmel klar und rein,
Bald schau’n die Wolken düster drein,
Bald Regen und bald Sonnenschein!
Was sind mir das für Sachen,
Mit Weinen und mit Lachen
Ein solch’ Gesaus’ zu machen!
April! April!
Der weiß nicht, was er will.

O weh! O weh!
Nun kommt er gar mit Schnee!
Und schneit mir in den Blütenbaum,
In all den Frühlingswiegentraum!
Ganz greulich ist’s, man glaubt es kaum:
Heut’ Frost und gestern Hitze,
Heut’ Reif und morgen Blitze;
Das sind so seine Witze.
O weh! O weh!
Nun kommt er gar mit Schnee!

Hurra! Hurra!
Der Frühling ist doch da!
Und kriegt der rauhe Wintersmann
Auch seinen Freund, den Nordwind, an
Und wehrt er sich, so gut er kann,
Es soll ihm nicht gelingen;
Denn alle Knospen springen,
Und alle Vöglein singen.
Hurra! Hurra!
Der Frühling ist doch da!

Heinrich Seidel

*

Heinrich Seidel (1842-1906) war ein deutscher Ingenieur und Schriftsteller aus Mecklenburg.

M ä r z  2 0 1 5

Die Tulpe

Dunkel

War alles und Nacht.
In der Erde tief
Die Zwiebel schlief,
Die braune.

Was ist das für ein Gemunkel,
Was ist das für ein Geraune,
Dachte die Zwiebel,
Plötzlich erwacht.

Was singen die Vögel da droben
Und jauchzen und toben?
Von Neugier gepackt,
Hat die Zwiebel einen langen Hals gemacht Und um sich geblickt Mit einem hübschen Tulpengesicht.

Da hat ihr der Frühling entgegen gelacht.

Josef Guggenmos

*

Josef Guggenmos (1922- 2003) war ein deutscher Lyriker und Autor von Kinderbüchern.

F e b r u a r  2 0 1 5

Ich liebe dich, weil ich dich lieben muss …
Ich liebe dich, weil ich nicht anders kann;
Ich liebe dich nach einem Himmelsschluss;
Ich liebe dich durch einen Zauberbann.

Dich liebe ich, wie die Rose ihren Strauch;
Dich liebe ich, wie die Sonne ihren Schein;
Dich liebe ich, weil du bist mein Lebenshauch;
Dich liebe ich, weil dich lieben ist mein Sein.

Friedrich Rückert

*

Friedrich Rückert (1788-1866) war ein deutscher Dichter, Sprachgelehrter und Übersetzer sowie einer der Begründer der deutschen Orientalistik. Rückert beherrschte mindestens 45 Sprachen und galt als Sprachgenie.

J a n u a r  2 0 1 5

Ein Jahr ist nichts …

Ein Jahr ist nichts, wenn man’s verputzt, ein Jahr ist viel, wenn man es nutzt.

Ein Jahr ist nichts; wenn man’s verflacht; ein Jahr war viel, wenn man es ganz durchdacht.

Ein Jahr war viel, wenn man es ganz gelebt; in eigenem Sinn genossen und gestrebt.

Das Jahr war nichts, bei aller Freude tot, das uns im Innern nicht ein Neues bot.

Das Jahr war viel, in allem Leide reich, das uns getroffen mit des Geistes Streich.

Ein leeres Jahr war kurz, ein volles lang:

nur nach dem Vollen mißt des Lebens Gang, ein leeres Jahr ist Wahn, ein volles wahr.

Sei jedem voll dies gute, neue Jahr.

Hanns von Gumppenberg

*

Hanns Theodor Wilhelm Freiherr von Gumppenberg (1866- 1928) war ein bayerischer Dichter, Übersetzer, Kabarettist und Theaterkritiker.