Die Judenbuche von Annette Droste von Hülshoff verglichen mit dem Film Das weiße Band

Autor: Student 1

Das weiße Band ist ein Film von Michael Haneke, der im Jahr 2009 gedreht wurde. Er erzählt von einem kleinen deutschen Dorf vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges, in dem unerklärliche Grausamkeiten stattfinden: Kinder werden entführt und gefoltert, eine Scheune wird niedergebrannt. Der Erzähler ist ein älterer Mann, der seiner Zeit als junger Dorflehrer gedenkt. Er hat seine eigenen Einstellungen über die Täter, aber ohne eindeutige Beweise bleiben sie unbekannt.

In den beiden Werken werden Kinder ähnlich behandelt, obwohl sie verschiedene Epoche schildern. Kindern wird keine Zärtlichkeit gezeigt, auch wenn Eltern zärtliche Gefühle für sie empfinden. Obgleich Frau Mergel in der Judenbuche nach dem Gespräch mit ihrem Bruder ein „heimliches, stolzes Lächeln“ hat, weil ihr Sohn Friedrich gelobt wird, hat sie den Jungen nicht einmal freundlich gegrüßt (Seite 19). Wenn Kinder um Hilfe bitten oder wenn sie Angst ausdrücken, werden sie misshandelt oder im besten Fall nur zum Schweigen gebracht. Haneke stellt in einer Szene dar, wie ein erschrockener Junge versucht seine Eltern darauf aufmerksam machen, dass eine Scheune in Flammen steht. Statt Lob begegnet er nur Gleichgültigkeit und Ärger. Minderjährige werden in den Werken als minderwertig behandelt, solange sie noch keine „richtige“ Menschen, das heißt Erwachsene, sind.

Religiosität ist ein starkes Thema in den beiden Werken, aber sie wird nicht auf die gleiche Weise dargestellt. In dem weißen Band führt religiöse Sittenstrenge zu der Unterdrückung der Kinder. Der Pastor zwingt seine Kinder ein weißes Band an dem Arm zu tragen, somit sie den Wert der Unschuld nicht vergessen. Für die kleinsten Fehler wird herzlos gestraft. Diese Unterdrückung wird als der hinterlegende Grund für die Vorfälle im Dorf angedeutet. Dagegen wird Religion in der Judenbuche positiver dargestellt. Am Ende bekommen die Ermordeten Recht, aber nicht durch irdisches Gerecht: Friedrich Mergel erhängt sich an der Judenbuche.

Eine andere Gemeinsamkeit zwischen den Werken ist die elliptische Erzählung – zentrale Ereignisse werden übersehen oder undeutlich dargestellt. In dem Film werden nur die Resultate der Vorfälle dargestellt, die Täter nie. In der Judenbuche will Friedrich vor Gericht die als Tatwaffe verwendete Axt nie früher gesehen haben. Es wird beschrieben, wie seine Augen einen kleinen Schaden an dem Stiel bemerken (Seite 46). Später fragt er seinen Onkel nach dessen Axt, der darauf aufgeregt reagiert (Seite 48). Der Erzähler erwähnt dem Leser, dass der Mord nie aufgeklärt wird. Friedrich hat also in der Wirklichkeit die Axt seines Onkels erkannt und verdächtigt ihn des Mordes. Jedoch schwört Friedrich vor Gericht einen Meineid. Droste von Hülshoff lässt die Wahrheit auf die Interpretation des Lesers.

Quellen:
„Die Judenbuche“ im Projekt Gutenberg, HTML-Version:
https://www.gutenberg.org/files/45798/45798-h/45798-h.htm

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