Drewnowska-Vargáné

Ewa Drewnowska-Vargáné

Universität Szeged

 

Argumentative Topoi und sprachlicher Ausdruck von Emotionen im deutsch-ungarisch-polnischen Vergleich

Ausgangspunkte für den anvisierten Beitrag finden sich zum Teil in meinen bereits abgeschlossenen Untersuchungen argumentativer Topoi an Zeitungskommentaren der deutschen, der ungarischen und der polnischen Tagespresse und zum Teil in meiner einsprachig ausgerichteten Untersuchung von v.a. Persuasionsstilen, die sich mit Zeitungskommentaren der ungarischen Tagespresse befasst hat.  Alle genannten Untersuchungen wurden an einem Korpus mit Kommentaren zur Zypern-Krise im Frühjahr 2013 durchgeführt (vgl. Drewnowska-Vargáné 2016, 2017 und in Vorb).

Der Vergleich der relevantesten themenbereichsspezifischen Topoi in den drei Kommentardiskursen, dem deutschen, dem polnischen und dem ungarischen (vgl. Drewnowska-Vargáné 2016, 2017), hat u.a. gezeigt, dass die Kritik an den Verantwortlichen für der Herausbildung der Zypern-Krise ganz unterschiedliche diskursspezifische Ausprägungen hat: Die massivste Kritik wird von den Kommentatoren des ungarischen Diskurses ausgeübt: Mit dem sog. ,Topos des Diebstahls‘ bezichtigen sie die EU bzw. die Troika zahlreicher Diebstähle der Geldanlagen in zyprischen Banken. Derselbe Topos kommt jedoch im Diskurs der polnischen Kommentare deutlich seltener vor und im deutschen Diskurs konnte er überhaupt nicht belegt werden. Die Kommentatoren des deutschen Diskurses üben ihre Kritik weniger massiv, dafür aber viel differenzierter aus: Mit dem ,Topos der unverständlichen/inakzeptablen Handlungen/Entscheidungen‘ wenden sich die deutschen Journalisten sowohl gegen die EU-Politik als auch gegen Russland, gegen Zypern und gegen die Politik ihres eigenen Landes. Demgegenüber fällt die Anwendung dieses Topos im polnischen und im ungarischen Diskurs viel monothematischer aus: Meistens wird die EU-Politik zum Ziel der Kritik.

Die Ergebnisse der Untersuchung von Persuasionsstilen an ungarischen Zeitungskommentaren (vgl. Drewnowska-Vargáné in Vorb.) dürften nachweisen, dass an eine positive oder negative Bewertung eine Erfahrung von Emotionen gebunden ist (vgl. Fiehler 2008;  Jahr 2011); Ortner (2014; Schwarz-Friesel 2013): An Textstellen, an denen mit dem ,Topos des Diebstahls‘ die massivste Kritik an der Politik der EU ausgeübt wird, tritt ein ,emotionalisierender Stil‘ auf (vgl. Lüger 2012). Ein besonderes Kennzeichen dieses Stils der ungarischen Kommentare beruht darauf, dass ,Emotionalisierungen‘ vorwiegend nicht nur durch ,Personalisierungen‘ (vgl. Voss, 1999;  Held 2003; Lüger 2012), sondern durch andere Mittel ausgedrückt werden wie z.B. durch emotional-drastische Wortwahl (vgl. Held 2003: 277) und durch erlebnisdeklarative Formeln (vgl. Fiehler 1990: 120). Berücksichtigt man die von Jahr (2011: 44) unterschiedenen Emotionsgruppen und Bewertungskriterien, so handelt es sich häufig um „Vorwurf“ mit den Bewertungskriterien „Missbilligung des Verhaltens von Urhebern“ und „Geringschätzung“ mit den Bewertungskriterien „Ablehnung des externen Urhebers“.

Auf Grund dieser Ergebnisse der o.g. Untersuchungen entsteht folgende Forschungsfrage für den anvisierten Beitrag zum Zusammenhang der argumentativen Topoi und Ausdruck von Emotionen im deutsch-ungarisch-polnischen Vergleich: Inwiefern ist der Gebrauch bestimmter themenspezifischer Topoi mit persuasiven Stilen, insbesondere mit dem emotionalisierenden Stil in den Kommentaren der drei Diskurse verbunden? Die Untersuchung wird an demselben dreisprachigen Korpus der Kommentare zur Zypern-Krise durchgeführt wie in Drewnowska-Vargáné (2016, 2017).

 

Literatur:

Drewnowska-Vargáné (2016): Argumentative Muster und ihre neuen Varianten in einem mehrsprachigen Kommentardiskurs zur Zypern-Krise. In:  Beiträge zur Fremdsprachen-vermittlung 58 (2016), S. 31-53.

Drewnowska-Vargáné, Ewa (2017): Die Zypern-Krise in argumentativen Topoi deutscher, polnischer und ungarischer Pressekommentare. In: Bilut-Homplewicz, Zofia/ Hanus, Anna/

Lüger, Heinz-Helmut/Mac, Agnieszka (Hrsg.): Medienlinguistik und interdisziplinäre Forschung II. Kontrastive Ansätze im medial geprägten Kontext. (= Studien zur Text-und Diskursforschung, Bd. 16). Frankfurt/Main etc., S. 189-216.

Drewnowska-Vargáné, Ewa (in Vorb.): Politische Kommentare in ungarischen Tageszeitungen im Hinblick auf ihre prototypischen Textmuster. In: Lenk, Hartmut E. H./Giessen, Hans:  Persuasionsstile in Europa IV.

Held, Gudrun (2003): Sprachliche Strategien zur Konstruktion von Jörg Haiders negativem Medienbild in der französischen und italienischen Presse nach der schwarz-blauen Regierungsbildung. Ein Beispiel für die Personalisierung um aktuellen Journalismus. In: Gruber, Helmut et al. (Hrsg.): Sprache und politischer Wandel. Frankfurt/Main etc, 273–294.

Jahr, Silke (2011): Emotionen und Emotionsstrukturen in Sachtexten: ein interdisziplinärer Ansatz zur qualitativen und quantitativen Beschreibung der Emotionalität von Texten. Berlin u.a. [Nachdruck aus dem Jahr 2000].

Lüger, Heinz-Helmut (2012): Persuasion als medienlinguistisches Phänomen. In: Lenk, Hartmut E. H./Vesalainen, Marjo (Hrsg.): Persuasionsstile in Europa. Methodologie und Empirie kontrastiver Untersuchungen zur Textsorte Kommentar. Hildesheim, 63–92.

Ortner, Heike (2014): Text und Emotion. Theorie, Methode und Anwendungsbeispiele emotionslinguistischer Textanalyse. Tübingen.

Schwarz-Friesel, Monika (22013): Sprache und Emotion. Tübingen und Basel.

Voss, Cornelia (1999): Textgestaltung und Verfahren der Emotionalisierung in der BILD-Zeitung. Frankfurt/Main etc.