Kaltenbacher

Martin Kaltenbacher

Universität Salzburg

 

„Another reason to quit the EU“. EU-bashing als Persuasionsstrategie in britischen, deutschen und österreichischen Zeitungen

Die EU als Institution und ihre politischen Vertreter haben sich in den letzten Jahren zum allseits beliebten Sündenbock sowohl der Landespolitiker als auch der wichtigsten Medien der unterschiedlichen Mitgliedsstaaten entwickelt. Gerne wird der EU und darin vor allem der Finanzpolitik innerhalb der so genannten Eurozone die Schuld an Fehlentwicklungen nicht nur in EU-übergreifenden Bereichen, wie dem internationalen Finanzwesen, sondern auch in individuellen Belangen einzelner Mitgliedsstaaten gegeben. So musste etwa im Vorfeld des britischen Brexit-Referendums im Juni 1916 die EU für viele Probleme die mediale Schelte hinnehmen, die gar nicht  durch EU-Politik verursacht wurden.

Im Vortrag soll daher erörtert werden, wie sich die Zeitungskommentatoren aus drei EU-Ländern des EU-bashings als Persuasionsstrategie bedienen, worin die nationalen Unterschiede bestehen und welche Ziele mit dieser Strategie verfolgt werden. Zu diesem Zweck wurden aus dem Helsinki Kommentarkorpus drei kleine Teilkorpora zu je 10.000 Wörtern extrahiert. Diese bestehen aus Kommentaren und Leitartikeln aus britischen, deutschen und österreichischen (großteils nationalen) Tageszeitungen zur so genannten Zypernkrise. In sowohl qualitativen Diskurs- als auch quantitativen Korpusanalysen soll gezeigt werden, welche nationalen Unterschiede in der medialen Kommentierung der Zypernkrise bestehen. Erwartungsgemäß wettern die britischen Kommentatoren am meisten gegen die “Eu-bureaucrats” und ihre politischen Entscheidungen, wobei unklar bleibt, wer diese Bürokraten denn seien. Je konkreter einzelne Entscheidungsträger, wie Merkel oder Schäuble, genannt werden, desto schwächer fällt die Kritik aus und desto mehr Verständnis wird für deren politisches Handeln aufgebracht. Polemisiert wird vor allem gegen eine anonym bleibende EU-Beamtenschaft und diffuse, nicht näher bezeichnete Institutionen. Das EU-bashing scheint im Kommentar vielmehr die Funktion zu erfüllen, dem ohnmächtigen Ärger der Zeitungsleser Luft zu verschaffen und nationale Stimmungen widerzuspiegeln, als eine fundierte kritische Aufarbeitung komplexer politischer Entscheidungen zu bieten.