Die Handlung

Autorin: Julia Jääskeläinen

Djadi al Aitani ist ein 11-jähriger Flüchtlingsjunge aus Syrien. Er ist über Mittelmeer gekommen und seine Eltern sind während der gefährlichen Überquerung gestorben. Die harten Erfahrungen haben seine Spuren im Djadis Sinn hinterlassen und er ist stark traumatisiert. Djadi ist jetzt ganz allein in Deutschland, im Land, dessen Sprache er kaum sprechen kann. Aber glücklicherweise hat er einen freundlichen Sozialarbeiter Jan getroffen. Jan will um Djadi kümmern und nimmt er mit nach Hause. Jan wohnt in einer WG mit seiner Frau Dorothea und zwei anderen, älteren Paaren. Am Anfang hat Djadi Schwierigkeiten, sich an das neue Leben in der WG gewöhnen, aber allmählich fühlt er sich mehr und mehr wie zu Hause. Er befreundet sich eng mit einem Einwohner der WG, einem pensionierten Lehrer Wladi, der auch ursprünglich ein Flüchtlingsjunge war und kann deswegen so gut Djadis psychische Kämpfe verstehen. Er unterstützt Djadi und wird schnell sehr wichtig für ihn. Auch die andere Bewohner der WG machen alles mögliches, um Djadi zu helfen und unterstützen. Die WG muss auch gegen die endlose Bürokratie Deutschlands kämpfen. Djadi intergriert sich mehr und mehr in das normalen Leben, seine Sprachkenntnis wird immer besser, er macht eine Urlaubsreise mit Jan und dessen Frau Dorothea, er beginnt in einer Schule zu lernen. Es kommt aber auch einige Rückschläge vor auf Wirkung seines Traumas, zB. im Strandurlaub ist das Meer, ein von seinen gröβten Ängsten, einfach zu viel für ihn.

Aber oberflächlich betrachtet  wirkt sein Leben glücklich und ausbalanciert. Die Personal von der Sozialamt sehen ihn als strahlendes Beispiel von gelungener Integration.  Immer ist aber das Trauma von seiner Vergangenheit da, das hat eine Wirkung auf alles in seinem Leben und er leidet an starken Ängste und Alpträume. Er kann nicht an sein altes Leben oder seine Eltern erinnern, weil die Erinnerungen einfach zu schmerzhaft sind und deswegen hat er die ausgesperrt. Er muss auch den negativen Vorurteilen begegnen, die Menschen von Flüchtlinge haben. Diese Vorurteile kommen in alltäglichen Situationen vor und machen ihn traurig. Er fühlt sich oft als ein Auβenseiter und unpassend für seine neue Heimat. Es ist hart und anstrengend für seine mentale Gesundheit. Aber trotz der vielen Problemen und des Traumas findet Djadi allmählich sein geistiges Gleichgewicht im Leben.

 

 

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Peter Härtling – Autor und Mensch

Autor: Elliot Plank

Peter Härtling wurde 1933 in Chemnitz in Sachsen geboren. Seine Kindheit wurde von Tragik und Veränderung geprägt. Der erste Umzug war  in 1941 nach Olmütz in Mähren heutige Olomouc in Tschechien. Es war auch die Zeit des Zweiten Weltkriegs und als die Rote Armee immer näher avancierte, musste Härtlings Familie fliehen. Der Vater musste auch in den Krieg hinein. Jetzt war die Familie in Österreich. Erst in Zwettl un dann 1945 in Wien. Härtlings Vater wurde von den Sovietischen Armee gefangen, und er starb auch in Kriegsgefangenscahft 1945. Peter Härtling musste in dieser Zeit auch  die Vergevaltigung seines Mutters mitansehen. Die letzte Fluchthreise war dann nach Nürtingen in Deutschland. In 1946 beging Härtlings Mutter Selbstmord. Danach wurde er von der Großmutter und zwei Tanten erzogen. In Nürtingen konnte er das dortige Gymansium besuchen. Peter Härtlings Kindheit war schwer und traumatisch,wie man beobachten kann.

Im Journalismus fang Härtlings karriere bei lokalen Zeitungen an. In 1962 wurde er Redakteur bei der Zeitschrift Der Monat  wo er ein paar Jahre später auch Mitherausgeber wurde. Härtling war auch politisch aktiv bei der SPD und später in der Friedensbewegung.

Als Schriftsteller fing Härtling mit der Poesie an. Später wurde er hauptsächlich als Romanautor bekannt. Ein wichtiger Teil seines Schreibens ist der auferbeitung der eigenen vergangenheit gewidmet. Dazu is Härtlig von der Epoche der Romantik fasziniert, und er hat die Biografien von den Komponisten Robert Schumann und Franz Schubert sowie auch den Schriftstellern Hölderlin, Waiblinger und E.T. A. Hoffmann geschrieben. Noch eine wichtige Gruppe in seiner Literatur bilden die Kinderromane, die er seit 1970 geschrieben hat, wie z.B. Ben Liebt Anna (1979). Djadi, Flüchtlingsjunge (2016) blieb sein letztes Kinderbuch.

Peter Hertling starb am 10. Juni 2017in Rüsselsheim wo er lange gelebt hatte. Er wurde 83 Jahre alt. Der Autor hat viele Ehrungen und Preise für seine Arbeit bekommen.

 

Bild: Aus Angst und Schwäche wird Stärke

Die Flüchtlingssituation

Autorin: Julia Jääskeläinen

Die Flüchtlingskrise Europas bietet ein Hintergrund für Peter Härtlings Buch “Djadi, Flüchtlingsjunge”. Die Krise begann zwischen 2014-2015 und während der kamen im 2014 ca. 560 000 und im 2015 ca. 1 260 000 Asylanten zu den Mitgliedsländer der Europäische Union an. Es gab viele verschiedene Gründe für die Krise. Ein von denen war der Krieg im Syrien, der geht noch weiter, obwohl der nicht mehr so häufig im Medium vorkommt. Im 2015 die Mehrheit von den Flüchtlingen, die auf dem Seeweg nach Europa reisten, war syrisch (49%), afghanisch (21%) und irakisch (9%). 25% von denen waren Kinder. Die Überquerung des Mittelmeers war- und ist noch – sehr gefährlich. Zwischen 2014 und 2020 ertranken mindestens 1400 Flüchtlinge jedes Jahr im Mittelmeer. Im 2015 war die Anzahl der Ertrunkenen 4 054. Im 2021 ist die Anzahl 599. Nach UNCHR gab es am Ende 2019 mindestens 79,5 millionen Menschen, die haben ihr Zuhause verlassen mussen. 26 millionen von denen sind Flüchtlinge und ca.50 % von denen sind minderjährig.

Diese Anzahlen beweisen, wie relevant “Djadi, Flüchtlingsjunge” noch ist. Leider gibt es zu viele Kinder, die mussen ähnliche Dinge wie Djadi erfahren und leider ist es zu leicht diese Kinder einfach zu vergessen.

 

 

Quellen:

https://fi.wikipedia.org/wiki/Euroopan_pakolaiskriisi

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ertrunkenen-fluechtlinge/

https://www.unhcr.org/figures-at-a-glance.html

 

Bilder:

Bürgerkriegsland Syrien | PRO ASYL

Euroopan pakolaiskriisi – Wikipedia

Das Trauma

Autorin: Julia Jääskeläinen

Die Verarbeitung des Traumas steht im Mittelpunkt von Djadis Leben. Er hat zu viel erlebet und gesehen und die grausame Erfahrungen haben seiner Psyche geschadet. Jetzt sieht er die Welt nur aus der Perspektive seines Traumas. Alltägliche Geschehnisse, wie zB. wenn es an der Tür klingelt oder im U-bahn fahren, führen in die Ängste. Er hat auch starke Angst von dem Meer, weil er musste beweisen, wie seine Eltern ertrunken sind. Wenn er das Meer sieht, hört er die Stimme von ertrunkenen Menschen, wie sie fliehen und weinen. Wenn er in das Meer tritt, wird er ohnmächtig und danach stumm vor Angst. Wenn er in den Spiegel guckt, sieht er nur seine Angst. Djadi kann nicht und will nicht an seine Familie erinnern, die Erinnerungen sind einfach zu viel zu seiner geschadeten Psyche. Aber durch malen und zeichnen ist es möglich zu ihm, die unterdrückten Erinnerungen zu behandeln und von traumatischen Erfahrungen zu erzählen. Von Wladi nimmt er auch eine Zauberformel ein, “hopse popse pipse”, die bietet ihn Sicherheit und Trost. Dieser Zauberformel funktioniert als sein Schutzseil, das ihn aus die Dunkelheit seiner inneren Gedanken leitet. Am Anfang führen Djadis Ängste zu konkreten Folgen, zB. er steckt sich unter das Sofa wenn es an der Tür klingelt, aber allmählich lernt Djadi sein Trauma zu verstecken und wird als ein glückliches Kind gesehen. Aber innerlich leidet er noch und nachts quälen ihn Alpträume. Etwas sehr dramatisch muss passieren, bevor Djadi endlich von der Erinnerung seiner Eltern Abschied nehmen kann.

Djadi kann als eine Verkörperung eines Traumas betrachtet werden. Sein Figur hat keine eigene Persönlichkeit, nur das Trauma, durch das er die Welt sieht. Nach dem Lesen des Buchs wäre es unmöglich sagen, was er mag oder welche Interessen er hat usw. Als ein Charakter bleibt er so relativ fremd, nur sein Trauma und seine Ängste werden dem Leser bekannt. Es wird beschrieben, wie er in seinem Spiegelbild nur die Angst sieht, was dieser Interpretation unterstützt.

 

                                        “Wladi nickte und warf einen nachdenklichen Blick

                                      auf Djadi. Was wird diesen Kindern angetan? Was

                                     wird ihnen geraubt?

                                     Djadi fragte: Redet ihr über mich?

                                    Nicht nur. Nicht nur über dich”

            

Djadi kann auch als ein Symbol für alle traumatisierte Flüchtlingskinder betrachtet werden. Seine grausame Erlebnisse sind leider zu gewöhnlich und alltäglich für zu viele Kinder und es könnte gesagt werden, dass er ein typisches Flüchtlingsbild vorstellt. Seine traumatischen Erfahrungen werden nicht detalliert beschrieben und sind wie Generalisierungen von den Nachrichten, die die Flüchtlinge behandeln. Djadi ist auch das einzge Flüchtlingskind im Buch, was unterstreicht seine Stellung als ein Symbol der allen Flüchtlingskinder. Sogar die Name des Buchs betont es, dass Djadi ausdrücklich als ein Flüchtling betrachtet werden soll.

Das Buch funktioniert wie ein Handbuch für richtige Behandlung der traumatisierten Flüchtlinskinder. Es zeigt, was alles Djadi erfährt während der Verarbeitung seines Traumas und wie er mit Hilfe der Bewohner der WG das Trauma überleben kann. Die Bewohner sind mitfühlend und unterstützen Djadi mit allen möglichen Weisen und stellen so ein ideales Beispiel vor.

 

 

Bilder: Pixabay

Der Autor als Wladi

Autor: Elliot Plank

Es fällt dem Leser auf in Peter Härtlings Roman Djadi, Flüchtlingsjunge (2016) wie der Charakter Wladi eine tiefere Verbindung zu Djadi entwickeln kann. Das hat damit zu tun das Wladi durch seine eigenen Erfahrungen Djadi verstehen zu seint in seine not und gemütslage als Waise gewordener  Flüchtlingsjunge. Bei der Betrachtung von Härtlings eigenem Lebenslauf fällt auf das er  auch eine tragische Verganghenheit als Flüchtende hatte. Wladi und Peter Härtling wurden beide Flüchtlinge als der Zweite Weltkrieg in ihrer Endphase war. Sie sind also beide von dieser Generation die diese Verlusten der deutschen Ostgebieten und den folgenden Flucht damals persöhnlich erleiden mussten.

Mit Wladi kann Härtling auch zeigen wie man vielleicht auch neue Generationen von durch das Flüchten traumatisierte Menschen begegnen kann. Dafür is Wladi als Härtlings Alter Ego geeignet.

Wladi ist auch der älteste Charakter in der WG und auch gesundheitlich verwundbar. Härtling war über 80 als er das Buch geschrieben hat. Es ist bedenklich das Härtling im folgenden Jahr nach der Buchveröffentlichung , also 2017, gestorben ist. Als Leser kann man meinen das er eine gewisse Portion seines eigenen  Zustandes in den Charakter Wladi hineinschreibt.

Djadi und Identität

Autorin: Iina Sipi

Hintergrund

Es geht um eine Analyse zum Thema Identität der Hauptperson von dem Kinderroman Djadi, Flüchtlingsjunge, der von Peter Härtling in dem Jahr 2016 publiziert wurde. Im Hintergrund steht die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 wo fast fünfmal so viele Flüchtlinge in Europa auf See- und Landwegen gekommen sind als im Jahr 2014 (Aktion Deutschland Hilft: 2019). In dem Video Buchtipp von Andrea Fies spricht Andrea Fies, dass Peter Härtling einem Kinderbuch über dieses Thema wählte, weil er im Fernsehen das Foto von dem kleinen Kind, das tot an einem türkischen Strand gefunden war, gesehen hat (Arte: 2016). Nach Tagesschau (2020) wurde dieses Foto „zum weltweiten Symbol für das Leid der Flüchtlinge“. Im März 2016 wurde ein riesiges Graffiti in Frankfurt am Main aus diesem Foto gemalt (DW: 2016). Ein Zufall, oder nicht, die Hauptperson des Romans kommt in Frankfurt an.

Djadi ist ein 11 jähriges Kind das mit seiner biologischen Familie, Al Aitani, aus Syrien wahrscheinlich wegen des im Jahr 2011 angefangenen syrischen Bürgerkrieg geflüchtet ist. Die Reise war gefährlich und Djadis Mutter, Vater und drei Geschwister haben die Flucht über das Mittelmeer nicht geschafft. Nach dem Bild der Mediendienst Integration (2019) „Wie gefährlich ist die Fahrt über das zentrale Mittelmeer?“ im Jahr 2017 wurde 20 von 1000 um das Leben kamen. Djadi ist also allein geblieben und in Deutschland mit anderen Flüchtlinge aus Homs gekommen. Der Roman berichtet wie dieses Kind, Djadi, gegen Angst und Trauma kämpft und wie er sich in dem neuen Land integriert.

Erzähler und Fokalisierung

Der erzähler ist extradiegetisch mit einer Fokalisierung auf Djadi, wie auch die Goethe Institut (2020) in Onleihe über das Buch schreibt: „ein poetischer und berührender Roman voller Zuversicht, mit dem man in die verwundete Seele eines Kindes blickt“. Aber am Anfang konzentriert sich der Erzähler auf das, wie die anderen Figuren Djadi zum ersten Mal sehen und wie die Leser ihm zuerst aus deren Beobachtungen kennenlernen. Der Erzähler beschreibt Djadi in folgender Weise: „Für sein Alter war er zu klein, zu dünn, krummbeinig wie ein Cowboy und mit einem angestrengten Gesicht, in dem große schwarze Augen steckten.” (2016:4). Der Amtsarzt schätzt, dass das Kind zwischen acht bis elf Jahre alt ist, und beschreibt ihn als physisch gesund aber sagt: „Wie es seiner Seele geht, kann ich Ihnen nicht sagen.“ (2016:14). 

Schnell wechselt die Fokussierung auf Djadi und die Leser blicken in seiner Seele. In der Jugendhilfe hat er Zeit mit anderen syrischen Jungen verbracht, aber bevor er die Schule anfängt, fährt er in den Sommerferien auf die Insel Juist mit Jan und Dorothea und da beginnt Djadi zu bemerken, dass er sich selbst fremd fühlt, aber auch, dass er an den anderen Menschen in diesem Land fremd ist. In Deutschland, muss er zwischen seiner Vergangenheit und der jetzigen Zeit zu balancieren. Nur die anderen syrischen Jungen in der Jugendhilfe waren die letzte Konnektion mit seiner Vergangenheit, weil sie die gleiche Heimat, Kultur, die arabische Sprache und die gleiche Lebenssituation geteilt haben.

Identität, Integration und Konflikte

Al Aitani war seine biologische Familie, und der Roman erzählt wie er wegen einer Trauma nicht mehr erinnern kann, wie seine Familie war. Wenn Djadi mit Jan und Dorothea in den Sommerferien zur Insel fahren, sagt eine Frau in dem Zug, dass Jan der Papa vom Djadi ist, und Djadi war davon ein bisschen erstaunt, weil er schon einen Papa hat. Aber seitdem denkt er anders: „Ich habe einen Papa und einen Papa jetzt hier.” (2016:34). Später in den Ferien bezeichnet Djadi Jan und Dorothea als Mama und Papa.

In dem Bild der Identität ist es in den Sprechblasen zu sehen, welche Probleme Djadi während seiner Integration zu dieser neuen Lebenssituation in dem fremden Land hat. Djadi hat selbst gesagt, dass er sich fremd in Deutschland fühlt. Dieses Gefühl wird noch auf der Insel stärker. Djadi sagt, dass er passt nicht, falsch wäre, nicht deutsch ist und dort nicht sein darf. In Deutschland machen die Bürokratie und die zahlreichen Besuchen von der Amtleute und die Meinungen von Nachbarn des Wohngemeinschafts es nicht leicht für den Jung zu fühlen, dass er willkommen ist: „Mieter in diesem Haus finden es bedenklich, dass ein Kind von einer Wohngemeinschaft aufgenommen und erzogen wird.” (2016:26). Auch die fremde Leute die ihm fragen, was er hier macht, woher er kommt und bewunderten sich, wie er „unsere Sprache“ so gut sprechen kann, eine negative Wirkung an Djadi haben. Besonders diese eine Begegnung mit einem fremden Mann bringt Djadi zum Nachdenken:

„Einmal fragte ihn ein Mann, wo er herkomme. 

Aus Frankfurt.

So sehe er aber nicht aus. 

Leise fragte er zurück: Wie sehe ich denn aus?

Du kannst ganz gut Deutsch, sagte der Mann, aber du bist wahrscheinlich ein Asylant. 

Ich komme aus Syrien. 

Und was machst du hier? Der Mann fragte so, als wolle er sich erkundigen, was Djadi überhaupt hier zu suchen habe.“

(2016:46)

Nach der Studie Flüchtlingskinder in Deutschland (2014): „Die Kinder erleben Rassismus oder auch Abweisung durch Anwohner. Als Teil der Gruppe “Flüchtlinge” werden sie unwillentlich zum Gegenstand von politischen Auseinandersetzungen.“ (2014:10). In den Ferien auf der Insel hört Djadi eine Diskussion über die Flüchtlingssituation in Deutschland in einem negativen Ton: „All die Asylanten schaffen wir nicht mehr” (2016:54). Rassistische Situationen erlebt er in die Schule, wenn ein Kind ihm plagt.

In einem Moment sagt Djadi: „Ich bin kein UmF” (2016:59). Ein UmF ist ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Kurz bevor hat er gesagt, dass er Asylant ist. Diesen Satz interpretiere ich, dass er vielleicht frustriert ist. Niemand kann wissen was er erlebt hat und wie schwer ist es für ihn wegen Trauma kämpfen: er hat seine ganze Familie und Freunde verloren, sein Haus in Homs gibt es nicht mehr, der Krieg, die Flucht, allein zu sein und in Unsicherheit zu leben. Meiner Meinung nach sollte kein Kind sich als ein UmF beschreiben oder überhaupt so etwas in seinem Leben zu erleben.

 

 

Quellen:

Aktion Deutschland Hilft (2019): Infografik: Fluchtrouten nach Europa. (Zugang: https://www.aktion-deutschland-hilft.de/de/mediathek/infografiken/infografik-fluchtrouten-nach-europa/)

Arte (2016): “Djadi, Flüchtlingsjunge” von Peter Härtling, Der Buchtipp von Andrea Fies. (Zugang: https://www.arte.tv/de/videos/064747-042-A/djadi-fluechtlingsjunge-von-peter-haertling/)

Berthold, Thomas (2014): In erster Linie Kinder, Flüchtlingskinder in Deutschland. (Zugang: https://www.unicef.de/blob/56282/fa13c2eefcd41dfca5d89d44c72e72e3/ar037-fluechtlingskinder-in-deutschland-unicef-studie-2014-data.pdf)

Deutsche Welle (2016): Riesiges Graffiti zeigt toten Flüchtlingsjungen Aylan. (Zugang: https://www.dw.com/de/riesiges-graffiti-zeigt-toten-fl%C3%BCchtlingsjungen-aylan/a-19110416)

Goethe Institut (2020): Onleihe, Djadi, Flüchtlingsjunge. (Zugang: https://www.onleihe.de/goethe-institut/frontend/mediaInfo,0-0-482200782-200-0-0-0-0-0-0-0.html)

Härtling, Peter (2016): Djadi, Flüchtlingsjunge.

Mediendienst Integration (2019): Die wichtigsten Asylzahlen 2018. (Zugang: https://mediendienst-integration.de/artikel/die-wichtigsten-asylzahlen-2018.html)

Proasyl: Bürgerkriegsland Syrien. (Zugang: https://www.proasyl.de/thema/syrien/)

Tagesschau (2020): Haftstrafen wegen Mordes an Aylan Kurdi. (Zugang: https://www.tagesschau.de/ausland/kurdi-prozess-tuerkei-101.html)

 

Bilder:

https://www.aktion-deutschland-hilft.de/de/mediathek/infografiken/infografik-fluchtrouten-nach-europa/

https://mediendienst-integration.de/artikel/die-wichtigsten-asylzahlen-2018.html

https://www.dw.com/de/riesiges-graffiti-zeigt-toten-fl%C3%BCchtlingsjungen-aylan/a-19110416

Djadis Identität (Pixabay)

Mind-Map (Canva)

 

Die Deutschen und Deutschland in „Djadi, Flüchtlingsjunge“

Autor: Johan Lindholm

Obwohl „Djadi, Flüchtlingsjunge“ hauptsächlich um die Flüchtlingskrise und die davon folgende Traumatisierung der Flüchtlingskinder handelt, ist es eigentlich auch ein Werk über die Deutschen und Deutschland. Im Buch sind wir ja die ganze Zeit in Deutschland, begegnen wir verschiedene Deutschen und erleben wir soziale Konstruktionen der deutschen Gesellschaft. Djadi ist der einzige Flüchtling, den wir überhaupt treffen, und er verkörpert die tausenden Kinder, die wegen verschiedener Krisen in der Welt leiden.

Darum habe ich entschieden, das Land, das im Buch erscheint, ein bisschen näher zu untersuchen. Als Finne ist es besonders interessant, weil als Ausländer und Sprachlerner lese ich wahrscheinlich das Buch viel bewusster als ein normaler Deutsche, was zu anderen Aha-Erlebnissen führen kann. Was Deutschen bekannt, alltäglich und dafür vielleicht langweilig finden, kann bei mir eine völlig andere Reaktion auslösen. Weil es doch völlig unmöglich, alle Aspekte des Buches durchzugehen, habe ich drei ausgewählt: (1) wohnen, (2) Bürokratie und (3) Berufe.

Alte Hippies in einer Wohngemeinschaft?

Es stimmt wahrscheinlich, dass die Deutschen in einer WG öfter wohnen als Leute in vielen anderen westlichen Ländern. Gucken wir auf Statistik über die Anzahl der Studenten, die mit anderen Personen leben, finden wir beispielsweise, dass deutsche Studenten wohnen in WG-ähnliche Verhältnissen viel öfter als finnische – 35 gegen 15 Prozent. Für sein Werk hat Peter Härtling doch eine ziemlich außergewöhnliche WG gewählt – eine mit drei älteren Paaren.

Ich muss damit anfangen, dass im Buch wird nichts darüber gesagt, ob die WG-Einwohner in der Vergangenheit Hippies waren oder nicht, so alles was folgt darüber ist Spekulation pur. Es gab doch zwei Indizien dafür. Das erste ist, dass die WG 1969 gebildet wurde und mindestens zwei der ursprünglichen Einwohner sind immer noch da: Wladi und Detlef. Dazu kommt die Szene, in der Detlef holt die anderen mit seinem Bus nach dem Inselurlaub ab. Er ist aber Steuerberater so wahrscheinlich handelt es sich nicht um einen großen Bus für 50+ Menschen, sondern um einen Kleinbus. Ich kann darum mich gut vorstellen, dass er mit einem alten VW-Kleinbus aus den 60ern fährt. Und ein solcher Bus ist eng mit der Hippie-Bewegung assoziiert.

Eine wichtigere Frage als die oben ist doch, warum der Autor für eine so merkwürdige WG sich entschieden hat. Das Alter der Einwohner kommt wahrscheinlich davon, dass er seine eigene Flüchtlingserlebnisse reinschreiben wollte, was auch sehr verständlich ist und das Thema über Generationen erweitert. Ein möglicher Grund für die Wahl einer WG ist, dass alle Hauptfiguren dann die ganze Zeit zu Verfügung stehen. Das macht es sicherlich viel einfacher, aber dieser Grund wäre ziemlich langweilig.

Es ist auch möglich, dass der Schriftsteller hier zu einem bekannten afrikanischen Sprichwort hinweist: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Oder eher zu seiner deutschen Version: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es eine ganze Wohngemeinschaft.“ Und so ist es auch – alle in der WG helfen mit der Erziehung von Djadi. Die eine mit dem Lesen und Schreiben, die zweite mit Mathe und so weiter. Natürlich kann es auch so einfach sein, dass Peter Härtling einmal in einer WG selbst gewohnt hat und sich nostalgisch gefühlt hat.

Behördenkritik

Im Buch malt Peter Härtling nicht ein schönes Bild von den deutschen Behörden. Das Zitat unten im Bild beschreibt, wie die Behörden sich gegenüber Djadi verhalten – er ist ein Ärgernis, irgendetwas, das in einem engen Bürokratenperspektiv nicht reinpasst. Man wahrnimmt auch eine gewisse Gleichgültigkeit bei den Beamten, mindestens so lange die selber für Djadi kümmern müssen.

Wenn der Flüchtlingsjunge in die Wohngemeinschaft reingezogen ist, verändert sich doch ihr Verhalten. Jetzt fängt an eine ununterbrochene Überwachung, die durch das ganze Buch fortsetzt. Die Gespräche mit den Behörden sind fast wie Verhöre: Was hat der Junge gesagt, erinnert er jetzt irgendetwas? Es ist manchmal als ob sie Djadi verdächtigen würden, als ob er ein schlimmer Verbrächer wäre statt eines Kindes und Flüchtlings. Alle Beamten im Buch sind gewiss nicht „Arschlöcher“ – wie Leute im Allgemeinen variiert es von Person zu Person.

Insgesamt finde ich, dass ein klares Nebenthema des Werks Behördenkritik ist. Die Benutzung einiger Riesenwörtern und bürokratischen Termini verstärkt diesen Eindruck. Das Thema ist sicherlich wichtig und unterstützungswert, aber hier stellt sich die Frage, wie gut dieses Thema und zum Beispiel Wörter wie „polizeiliche Unbedenklichkeitsbescheinigung“ in einem Roman für Kinder passt?

Ein besonderer Arbeitsmarkt

Der letzte Aspekt, den ich untersucht habe, handelte um, was die Deutschen gemäß dem Buch machen, das heißt, womit beschäftigen sie sich, um Kohle zu kriegen. Um das herauszufinden, habe ich alle Berufe im Werk gesammelt und danach in groben Gruppen geteilt. Die Resultate finden sich im Bild nebenan.

Wenn man sie durchblickt und analysiert, wird es sofort klar, dass die Berufe sehr schief geteilt sind – es gibt einfach kein Gleichgewicht zwischen der rechten Seite und der linken. Das wird noch klarer, wenn man die vier „Transport-Berufe“ von der rechten Seite wegnimmt. Dann gibt es fast keine Berufe übrig da. Na, da gibt immer noch der größte Stereotyp des Buchs: die Gasthauswirtin. Sie ist natürlicherweise eine strenge Frau, die doch ein gutes Herz (und, wie typisch, einen großen Körper) hat.

Es ist eigentlich verblüffend, wie viele mit Krankenpflege zu tun haben. Noch verblüffender ist, dass ein normaler Arzt nicht reicht. Ne, wir brauchen auch ein Amts-, Kinder-, Not- und Inselarzt – einer für alle Einzelfälle. Peter Härtling hat das Buch weniger als ein Jahr vor seinem Tod geschrieben. Darum muss ich mich darüber wundern, ob er damals schon krank war, was vielleicht das Werk beeinflusst hat… Aber in diesem Fall überanalysiere ich wahrscheinlich.

Aus dem Buch können wir sowieso schlussfolgern, dass sehr viele Deutschen öffentlich Angestellte sind, die sich mit Krankenpflege, Schulkindern und Sozialfällen sich beschäftigen. Das ist noch irgendetwas, das „Djadi, Flüchtlingsjunge“ von anderen Kinderbüchern unterscheidet.

Fazit

„Djadi, Flüchtlingsjunge“ ist einfach ein außergewöhnliches Buch. Die großen Themen – Flüchtlinge, Trauma, Identität – sind schwer, wichtig, global und, leider, immer aktuell. Wenn wir dazu noch die Merkwürdigkeiten, die ich hier behandelt habe, fügen, ist das Resultat sicherlich beeindruckend, aber die wichtige Frage ist, geht es wirklich um einen Roman für Kinder und noch wichtiger, ist es ein Buch, das Kinder interessiert. Hoffentlich ist es so, aber ehrlich gesagt zweifle ich ein bisschen darüber. Vielleicht hat Peter Härtling am Ende eigentlich ein Kinderbuch für Erwachsene geschrieben.

Rezensionen

Hopp, Margarete (2017): ”Gelingende Integration”, literaturkritik.de.

”die Geschichte einer langsam gelingenden Integration”

”Härtlings Geschichte ist deshalb weniger eine unterhaltsame Freizeitlektüre für kindliche Leser als vielmehr ein Angebot für Erwachsene, die sich angesichts der Aktualität des Themas selbst und aufgrund des pädagogisch-didaktischen Potenzials (Flüchtlingsproblematik, Auseinandersetzung mit Fremdheit etc.) als Vermittler von Kinder- und Jugendliteratur davon angesprochen fühlen dürfen.”

 

Spreckelsen, Tilman (2017): ”Ein Sommer auf Juist”, Frankfurter Allgemeine Zeitung.

”Djadi ist angekommen, seine Dämonen immer im Gepäck, ein anderer geht am Ende, und so meisterlich, wie Peter Härtling beides schildert, ist schon sehr lange kein Kinderbuch zum Thema mehr geraten.”

 

Perlentaucher: Rezensionsnotizen

”Härtling weiß ja auch aus eigenem Erleben, wie sich ein Flüchtlingsschicksal anfühlt.”

”Was eine gute Idee ist, leide aber etwa daran, dass Härtling seiner eigentlich soliden Geschichte selbst zu wenig Aufmerksamkeit schenkt und so viel Raum für Spekulationen lässt.”

Artikeln

Wehlte-Höschele, Martina (2017): Aus Angst und Schwäche wird Stärke. Deutschlandfunk.

”Peter Härtling verarbeitet in „Djadi, Flüchtlingsjunge“ auch eigene Fluchterfahrungen.”

Zitaten von Härtling:

„Ja, das ist mein Lebensthema und es begann damit, dass ich selber fliehen musste und diese Erfahrung habe ich nie vergessen. Ich hab öfter davon erzählt, in Romanen, und als jetzt die große Flüchtlingsbewegung kam, die im Übrigen zu erwarten war in dieser kaputten Welt, da war mir klar, dass ich irgendwie reagieren müsste und dass ich genau genommen Kindern erzählen sollte, was Flucht bedeutet. Und so fand ich den Djadi.“

„Ich hab mich schon ein bisschen mit Wladi identifiziert und ich habe in meiner Kindheit solche Wladis auch kennengelernt, in Nürtingen. Das sind meine drei Retter, meine Säulenheiligen. Das ist mein Deutschlehrer, mein Pfarrer und ein wunderbarer, großer Künstler, die drei haben mir auf die Sprünge geholfen…”

 

Haeming, Anne (2016): ”Aus geteilter Angst entsteht Nähe”. Der Spiegel.

”SPIEGEL ONLINE: Und wer hat Sie zu Djadi inspiriert?”

Peter Härtling: ”Ich habe Fluchtgeschichten von Kindern gesammelt. In einem Buch über unbegleitete minderjährige Flüchtlingskinder, die UMF, erzählten viele Kinder von ihren Erlebnissen – und viele von ihrem Leben in Homs, einst eine Millionenstadt. Deswegen kommt Djadi von dort. Diese Sammlung war das Öhr, durch das ich mich einfädeln konnte.”

Andere Zitaten von Härtling:

”Mir wurde klar, dass es sinnvoll ist vorzuführen, wie traumatisiert und verschlossen Flüchtlingskinder sein können – und wie Erwachsene damit umgehen könnten.”

”Es braucht Verständnis für kleine Menschen, die Dinge erleben, die große Menschen anstellen. Kinder bewältigen das nicht, diese Erlebnisse stürzen in sie rein, sie schleppen all das mit.”